In Zeiten der Digitalisierung ist das Privacy Paradox in brandaktuelles Thema. Wie auch bei einem gewöhnlichen Paradox spielen viele Faktoren eine Rolle, die das Privacy Paradox erzeugen. Ein Privacy Paradox ist per Definition das Kosten-Nutzen Verhalten von Nutzern beim preisgeben persönlicher Daten. Dies geht bei Mobilen-Apps, in sozialen Netzwerken oder im Allgemeinen auf Websites. Durch die Digitalisierung finden viele Prozesse und das allgemeine Leben hauptsächlich im Internet statt und alt als auch jung, sind der Datenexploration ausgesetzt.
Das Privacy Paradox ist bildlich dargestellt eine Stadt, zu der 3 Straßen führen.
Die erste Straße ist das ''Rational-Choice-Modell'':
Hierbei stellt der Nutzer eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf. Diese ist abhängig davon, welchen persönlichen Nutzen das Preisgeben der eigenen Daten hat. Zum Beispiel beim Downloaden einer App, werden persönliche Daten eingefordert, diese App wird aber benötigt, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben oder ist momentan total angesagt.
Die zweite Straße ist das ''Irrational-Choice-Modell'':
Hierbei stellt der Nutzer auch eine Kosten-Nutzen Rechnung auf, die aber nicht auf rationalen Entscheidung beruht, sondern auf persönlichen Präferenzen. Angenommen die Seite ist klar strukturiert, nutzerfreundlich und von einer besonders beliebten Firma, dann werden Entscheidungen Daten preiszugeben deutlich leichter gefällt, als wenn eine Internetseite oder App sehr dubios wirkt.
Die dritte Straße ist das Modell fehlender Informationen.
Hierbei ist dem Nutzer nicht bekannt oder bewusst wann und welche Daten er preisgibt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Instagram. Auf dieser Website teilen Menschen Bilder miteinander und besonders beliebte User erhalten viele Follower (Personen, die sich die Bilder ansehen) und Likes für ihre geposteten Bilder, die in etwa eine Anzeige der Aktivität der Follower darstellt. Es steht dem User offen, ob die eigenen geposteten Bilder für jeden Instagram Nutzer oder nur für die eigenen Follower zu sehen sind. So können persönliche Daten in Form von Bildern nur von beispielsweise Freunden und Verwandten gesehen werden, nicht aber von anderen Usern. Allerdings ist den meisten Nutzern/Usern nicht bewusst, dass sie die geposteten Bildern zwar von anderen Nutzern abschirmen aber nicht von dem Unternehmen Instagram selbst. Denn beim Posten eines Bildes, werden sämtliche Urheberansprüche an Instagram abgetreten. Der Nutzer wird vor ein Privacy Paradox gestellt, das ihm nicht bewusst ist. Der andere Fall wäre das schlichte Nicht-Wissen auf dubiosen Websites, die den Datenschutz nicht befolgen und bei dem der Nutzer nicht von seinen preisgegebenen Daten weiß.
Nicht nur die 3 Kategorien/Modelle spielen eine Rolle, sondern auch kleinere Faktoren oder das Setting. In diesem Fall ist es ein Unterschied, ob Daten in sozialen Netzwerken oder bei mobilen Apps preisgegeben werden. Durch die Digitalisierung des sozialen Lebens sind beide maßgeblich am heutigen, modernen Leben beteiligt.
Mobile Apps oder allgemein Apps, kurz für Applikationen, beinhalten sowohl Apps von sozialen Netzwerken, als auch mobile Spiele oder auch Kochbücher beispielsweise. Eine App zu downloaden ist simpel und geht durch LTE und Highspeed Internet innerhalb von Sekunden. Es ist ein Prozess, der meist nicht mal eine Minute dauert. Auch haben Apps oft nur eine geringe Verweildauer auf Smartphones und werden schnell wieder deinstalliert. Sollte die App unübersichtlich sein, neigen Nutzer oft auch dazu, schnell die App wieder zu deinstallieren. Was damit verdeutlicht werden soll ist, dass durch Digitalisierung die Kurzlebigkeit von diesen Applikationen, Nutzer sich nicht ihrer Handlungen bewusst werden. -> Privacy Paradox. Die Krux dabei ist aber, dass derweil die App bereits beim Installieren persönliche Daten erfasst hat. Auch bei minimalem Nutzen der App, sammelt diese Daten, die verwertet werden. Daten werden schnell, meist unbewusst weitergegeben und der Nutzer bemerkt es nicht.
Der zweite Sprössling der Digitalisierung sind die sozialen Netzwerke. Bei sozialen Netzwerken fällt der Nutzer bereits zu Beginn eine deutliche Kosten-Nutzen Entscheidung ob das soziale Netzwerk überhaupt benötigt wird. Er wird auch dazu aufgefordert direkt Daten anzugeben, Bilder hochzuladen und Informationen über sich Preis zu geben. Hierbei entsteht eine deutlich größere Hemmschwelle, als wenn eine App von selbst auf die hinterlegten Daten im Smartphone zugreift. Der Nutzer kann auch fast peinlich genau einstellen, welche Informationen er preisgibt, angibt und wie er interagieren möchte mit anderen Nutzern des Netzwerks. Dabei wird das Privacy-Paradox wegen der Informationen an Firmen vernachlässigt aber das wurde bereits erwähnt. Dem Nutzer wird in sozialen Netzwerken schlichtweg deutlich gemacht, dass im Moment Daten von ihm verlangt werden. Ein bewusster Prozess, von dem viele aber nicht abgeschreckt werden.
Durch die Digitalisierung heutzutage ist es für die meisten Menschen gewöhnlich geworden, Daten zu hinterlassen. Früher wurden Kunden über Gewinnspiele oder Ähnlichem zur Datenpreisgabe gelockt, heute geschieht das kurz durch ein Installieren einer App. Die Hemmschwelle sinkt immer weiter, während Firmen wie Google, Apple etc. ständig weiterhin Daten sammeln können. Selbst bei einem weiteren Datenskandal erschüttern Menschen nie so stark wie bei einer Umweltkatastrophe beispielsweise. Die meisten, die vorgeben auf ihre Daten zu achten, antworten dann bei einem Leak ihrer Daten: „Ich hatte ja sowieso nichts zu verbergen.“ Eine sehr leichtsinnige Aussage, die jedoch schon oft bei Umfragen herausstach. Plötzlich wird die eigene Sicherheit relativiert und das Privacy-Paradox tritt in Kraft. Auch bei dem Datenschutzskandal von Facebook, der zur Folge hatte, dass jede Firma die Nutzerdaten verschlossen halten muss, tangierte das die Meisten nur sehr wenig. Selbst bei der kommenden Welle von Datenschutzerklärungen denen zugestimmt werden musste, klickte der Großteil sich nur durch die etlichen Paragraphen und las nicht mal einen Bruchteil dessen. Durch die Digitalisierung ist es normal geworden eine geringe Hemmschwelle bei den eigenen Daten und dem Umgang derer zu haben.
Vorteile ergeben sich für den Kunden/Nutzer wenn überhaupt nur in Hinsicht darauf, dass der Nutzer sich selbst schützt im Sinne dessen, dass er getreu nach dem Motto ‚‘Sehe ich dich nicht, siehst du mich nicht’’ verfährt und diese Konsequenzen des eigenen Handelns ausblendet.
Der Nachteil liegt klar auf der Hand, es ist für Firmen möglich durch diese Nachlässigkeit an sensible Daten der Nutzer zu gelangen. Und genau hier liegt auch der Vorteil für Firmen oder Apps denn die Digitalisierung bringt nicht nur Vorteile mit sich. Falls es gesetzlich nicht abgesichert wäre, wären Firmen in der Lage so den Kunden seiner Daten zu berauben oder auch in Abfoallen zu locken. Für Firmen bietet die Psychologie hinter dem Privacy Paradox aber auch Nachteile. Insofern eine App Daten einfordert, die diese benötigt und der Kunde aber beispielsweise wegen der unübersichtlichen Oberfläche der App abgeneigt ist, Daten preiszugeben, entgehen der Firma so potenzielle Kunden. Ein beispielhafter Lösungsansatz wäre es, wie es bisher auch oft bereits getan wird, einheitlich und gläsern zu sehen, welche Daten preisgegeben werden und wozu diese dann auch genutzt werden. So erhält der Nutzer einen klaren Überblick und kann eine viel bessere Kosten-Nutzen Rechnung für sich aufstellen, ob diese Daten nun vergeben werden können oder nicht.
Das Privacy Paradox wird auch in der Zukunft und der immer weitergehenden Digitalisierung stets ein Thema bleiben, das jeder für sich selbst lösen muss. Es sollte eine deutliche Auseinandersetzung erfolgen mit der Digitalisierung und dem einhergehenden Privacy Paradox, hauptsächlich für jüngere Menschen, die sich nicht bewusst sind, wie viele Daten von ihnen ins Netz gelangen und wie sie damit umzugehen haben.